Allgemein
Osterweiterung
Reisebericht
Kurztrip bis Usedom und ein bisschen weiter zum Nachbarn
Auch wenn der Begriff Osterweiterung sich in der Vergangenheit mehr auf politische Themen bezogen hat (Bsp. „Nato Osterweiterung“), bedeutet das hier eher die Vergrößerung des Bereichs meiner fliegerischen Aktivitäten. Den Nachbarländern im Westen und Norden hatte ich ja im vorigen Jahr schon Kurzbesuche abgestattet und die Alpenrepublik habe ich ja auch schon mehrfach besucht. Folgerichtig war nun mal eine Grenzüberschreitung nach Osten dran.
Mit ungefähr Startbahnsteuerkurs erst mal 2 Stunden gerade aus
Vom Donnerstag, den 18.07.2024 bis zum nächsten Montag waren 5 Tage mit gutem Flugwetter vorhergesagt und nur vom Sonntagabend bis Montagmittag sollte ein Regengebiet mit Gewittergefahr im Norden Deutschlands in östlicher Richtung durchziehen.
Am Donnerstag selbst konnte ich leider noch nicht starten, denn ein Mindestmaß an Flugvorbereitung muss schon sein, erst recht, wenn man noch unbekannte Gegenden und Ziele anfliegen will. Für Unterkunft und Hangarplatz bei Sturm- und Gewitterwetter will man ja möglichst auch schon mal Optionen haben.
Sogar am Freitag bin ich erst um Mittag losgekommen, aber bis in die nordöstliche Ecke der Republik reicht die Zeit an einem solchen Sommertag ja immer. Bis 18:00 Uhr war EDCA, Anklam täglich geöffnet. Eine Unterkunft direkt am Flugplatz konnten sie anbieten und einen Hangarplatz konnten sie mir auch zusagen, denn etliche der eigenen Flieger waren verreist oder aus anderen Gründen “außer Haus”. Dass es am Platz MOGAS gibt, hilft zusätzlich bei der Entscheidung für einen Flugplatz!
Also Faltrad und das andere notwendige Mindestgepäck für 4 Tage eingeladen und ab die Post erst mal Richtung Hamburg. Weil dort auf Piste 23 gestartet wurde, wollte man mich jedoch auf die Voranfrage über FIS, auf FL55 oder tiefer von Stade in Richtung Meldepunkt D durch Luftraum C zu fliegen, nicht genehmigen. Höher wollte ich nicht, denn bei ca. 6000 ft waren mir zu viele Wolken unterwegs, die das Ganze dann kompliziert gemacht hätten. Also bin ich die Lieblingsstrecke an der Elbe entlang über Stade, W, S2 und D in 2400 ft geflogen, was immer wieder schön ist. Man darf dann den Anblick auf Blankenese, das Airbuswerk in Finkenwerder, den Containerhafen, die Köhlbrandbrücke, die Elphi und viele andere sehenswerte Objekte der Hansestadt genießen.
Weiter Richtung Osten gibt´s dann ja viele schöne Seen, wie z.B. bei Mölln, den Schaalsee und die Seen bei Schwerin und Malchin zu bewundern.
Weil ich vor 2 Jahren schon mal in Anklam gewesen war und das Otto-Lilienthal-Museum und die Innenstadt schon besichtigt hatte, brauchte ich nur einen Stützpunkt, der die o.g. Anforderungen erfüllte und hatte keine weiteren touristischen Ambitionen.
Mogas gibt es dort gegen Cash von Mo bis Fr. und Samstag vormittags zu normalen Arbeitszeiten von einem externen Tankstellenbetreiber. Zu anderen Zeiten muss man Avgas tanken, den man dann über den Flugplatz abrechnet.
Im Hangar ist mehr Vogelgezwitscher als bei mir zu Hause nach Sonnenaufgang, aber für meinen Flieger hat sich kein Vogel interessiert, denn er war an jedem Morgen noch genauso sauber wie am vorigen Abend und auch andere Vogelspuren waren nicht zu entdecken. 5,-€ Gebühr je Nacht fand ich nicht zu teuer.
Die Unterkunft “Pension am Flugplatz” war schlicht aber auch sehr günstig und die Leute waren nett! Großer Vorteil: nach dem Frühstück braucht man keine Zeit mehr mit Anfahrt zum Flugplatz vertrödeln!
Nachbarschaftsbesuch
Für meinen ersten Flug nach Polen hatte ich mir einen Zielplatz mit kurzer Flugzeit ausgesucht, der auch noch möglichst einfach anzufliegen sein sollte. Wegen meiner Pläne für den weiteren Tag sollte es im Norden des Landes sein und so fand ich den Platz EPKG BAGICZ k/Kołobrzegu (Kollberg). In der AIP ist zu lesen “Aerodrome available for exclusive use (see VFR AD 1.1)”. Tägliche Öffnungszeiten von 10:00 bis 18:00 Uhr local passten und die o.g. PPR-Bedingung erforderte also einen vorherigen Anruf am Flugplatz. Leider schien die offizielle Tel.nr. des Platzes nicht verfügbar zu sein. Als ich eine Tel.-Nr. probierte, die für Hangaranfragen vorgesehen war, legte der erste Angerufene gleich wieder auf, weil er vermutlich kein englisch verstand und ich ihn nicht auf polnisch ansprechen konnte. Beim Anruf der 2. Nummer meldete sich endlich eine freundliche Damenstimme, die mir avisierte, dass ich Sa. oder So. am Flugplatz herzlich willkommen sei. Nach Angabe des Lfz-Kennzeichens war damit auch die erforderliche PPR-Anfrage gestellt.
Die Flugplanabgabe über die DFS gestaltet sich immer sehr einfach, wenn man sein Lfz schon im DFS-System angelegt hat und die Flugstrecke aus der Flugplanvorbereitung von Skydemon per Drag and Drop auf der Webseite der DFS einträgt. Speichern kann man das dann erst mal als Flugplanvorlage. Wenn die Startzeit dann ungefähr bekannt ist, “aktiviert” man die Flugplanabgabe und wartet die Annahme ab. Als Startzeit kann man ruhig eine späte Zeit eintragen. Wenn man nach der Annahme doch deutlich früher fliegen möchte, dann kann man über die Verspätungsmeldung einfach eine neue Uhrzeit eintragen, die auch früher und nicht nur später sein kann. Das funktioniert problemlos. Wenige Sekunden später erhält man eine neue Bestätigung per SMS und Email mit der neuen Startzeit.
Anders als an den meisten Flugplätzen wollte man in Kollberg meine Landemeldung und später für den Rückflug auch die Startmeldung nicht an die FIS weitergeben. Das müsse ich selbst erledigen, hieß es. In der Situation freut man sich, dass die DFS auf ihrer Homepage eine Liste von Telefonnummern aus ganz Europa veröffentlicht, die man anrufen kann, um den Flugplan zu schließen. Im Flug wäre das ganz kurz vor der Landung natürlich auch möglich gewesen. Wenn die Arbeitslast bei Anflug auf einen unbekannten Platz mit vielen Unwägbarkeiten aber schon hoch ist, konzentriere ich mich zu diesem Zeitpunkt aber lieber erst mal auf das Wesentliche.
Von Anklam nach Osten scheint Polen erst mal mit Flugbeschränkungsgebieten und Lufträumen D und C vollgepflastert. Glücklicherweise sind die meisten davon am Wochenende nicht aktiv, was man im AUP also dem Airspace Use Plan prüfen kann. Andere sind z.B. nu bis 1500 ft hoch, d.h. man kann bei fast jedem Wetter drüber wegfliegen. Skydemon und wahrscheinlich auch die anderen Navigations-Apps lesen die in digitaler Form verfügbaren AUPs aus und zeigen für die meisten Gebiete aktiv an, dass der Luftraum aktuell nicht genutzt sei. Ein Blick in den AUP der PANSA.pl hat das jeweils bestätigt.So entschloss ich mich für eine Strecke, die als einzige Besonderheit über1000 ft durch einen Luftraum D des Flugplatzes EPSC SZCZECIN/Goleniów führte. Ich hatte die 3 Optionen, über dem Stettiner Haff unter 1000 ft zu bleiben, im Süden durch einen schmalen Korridor zwischen diesem Luftraum und derKontrollzone von Szczercin zu fliegen oder bei Szczercin Tower eine Durchfluggenehmigung zu erfragen. Da ich mich sowieso bei der polnischen FIS anmelden wollte (Die Startmeldung für den Flugplan war schon von der Flugleiterin in Anklam bei FIS-Deutschland abgegeben worden). Also den Durchflug von BINKA nach Wolin mit Höhe von 2800 ft erfragen (gem. Flugplan) und schon gab´s den “approved“ mit QNH und dass ich den Wegpunkt nach dem Durchflug melden solle! 🙂
Ab da war der Flug über das Stettiner Haff entspannt und ich konnte nach Herzenslust fotografieren. Nach der nächsten Meldung an Szczercin Tower wurde ich wie erwarte an die polnische FIS weitergegeben und so flog ich dann bei bestem Sommerwetter meine Strecke ab bis kurz vor Kollberg mit einem herrlichen Blick auf die Ostseeküste.
Nach der Abmeldung beim FIS erfolgte dann die Anmeldung beim Flugplatz in Kollberg; die wesentlichen Informationen wie genutzte Piste und Abrollroute hatte ich ja schon durch das Abhören der Frequenz von Kollberg über die letzten Minuten. Einzige Besonderheit war, dass auf so manche der folgenden Positionsmeldungen keine Antwort vom Flugleiter kam. Man sich in Deutschland demnächst wohl auch daran gewöhnen müssen, dass man nicht für den Flugleiter funkt, sondern für die anderen Piloten in der Umgebung und also mit Positionsmeldungen und dem Verkünden der beabsichtigen Aktionen nicht geizen sollte.
Der Taxiway wurde wegen eines Musikfestivals nicht nur von Fliegern, sondern auch intensiv von Pkws etc. genutzt. Eine Schar von Ordnern regelte die Separation aber sehr professionell und die Autofahrer, die ein Haltesignal nicht sofort erkannt hatten, wurden mehr als deutlich auf das Fehlverhalten hingewiesen.
Nach der telefonischen Abgabe der Landemeldung bei einer polnischen Telefonnummer konnte ich also mein Fahrrad auspacken und schon an der Ostseeküste auf wunderbar ausgebauten Fuß- und Radwegen nach Kollberg selbst fahren. Um den Flugplatz herum waren alle Straßen und Wege abgesperrt, aber auf dem Weg raus aus dem Festivalgelände wurde nicht kontrolliert und auf dem Rückweg erinnerten sich wohl alle Posten an den Mann mit dem ungewöhnlich kleinen Rad und somit hielt mich auch dann niemand an.
Fast niemand: Am Zugang zum Abstellplatz der Flieger musste ich dann doch einer jungen Dame erklären, dass ich nun zu meinem Luftfahrzeug möchte um wieder nach Hause zu fliegen. Nach der Ermahnung, auf dem Gelände als Pilot doch eine gelbe Warnweste zu tragen, ließ sie mich durch.
Vor dem Verlassen des Platzes war aber erst noch die Lande- und Abstellgebühr von 100 Zloty in der Luftaufsichtsbaracke zu zahlen. Gut, dass ich die Warnweste noch schnell übergeworfen hatte, denn da geriet ich schon wieder an dieselbe Frau, die nun aber erfreut war, dass ich ihrem Hinweis brav gefolgt war!
Einflug / Fliegen in Polen:
Squawk: 7000 wie in Deutschland
Flugplan: Nicht zwingend erforderlich, aber häufig hilfreich: FIS kennt dann schon die Route und kann Hinweise zu speziellen Lufträumen geben
Einfluggenehmigung: nicht erforderlich
FIS: Anmeldung z.B. bei Gdansk Information ist immer hilfreich vor allem wegen der vielen besonderen Lufträume
Zoll: Wg. EU-Mitgliedschaft nicht erforderlich
Airport of Entry: nicht erforderlich
ULs: Kein Problem bei Aufenthalten bis zu 3 Monaten, aber ein ELT oder PLB ist vorgeschrieben
Lufträume, TSA, TMA, etc.: Von den vielen speziellen Lufträumen sind viele inaktiv: Welche das sind, erfährt man über: https://airspace.pansa.pl
Wetter- und andere Informationen zu Polen:
https://iwb.pansa.pl/index.php
Nach der kostenlosen Registrierung gibt´s hier umfangreiche Informationen, sobald man die Umstellung der Webseite auf
englisch gefunden hat!
Die Einarbeitung dauert aber einige Zeit
AIP: Die eAIP gibt´s bei https://www.ais.pansa.pl/en/publications/aip-poland/
Tips zum Flug nach Polen gibt´s auch bei: https://www.pilotundflugzeug.de/forum/2017,04,12,12,3201924
Auch: https://emf.aero/wordpress/wp-content/uploads/2024/05/MLA_flying_in_Europe-02-05-2024.pdf
Liste mit polnischen Flugplätzen: https://lotniska.dlapilota.pl
Nach dem Abflug aus Kollberg meldete ich mich wieder bei Gdansk Information um meinen Flugplan zu öffnen. Leider war die Verständigung anstrengend für uns beide, da einerseits das Funkgerät des FIS offensichtlich nicht von hoher Qualität zu sein schien, denn wenn er sprach, waren deutliche Nebengeräusche wie bei manchen Fliegern zu hören und andererseits der Controller auch in der englischen Aussprache einen starken polnischen Akzent hatte, so dass ich häufig nachfragen musste mit “… say again”: ging´s dann aber ganz gut.
Nahe Szczercin stellte er mir frei, abweichend vom Flugplan direkt nach Anklam zu fliegen anstatt südlich um die Kontrollzone herum. Nach „Affirm“ ging´s dann bei Szczercin Tower weiter nach Westen. Der restliche Flug war dann bei bester Sicht ereignisarm.
Reif für die Insel
Wismar abbrechen, weil es doch zu diesig geworden war. Nun aber stand einem schönen Inselflug bei wieder bestem Wetter nichts mehr entgegen.
Station 1 war der nur wenige Flugminuten von Anklam entfernte Flugplatz Heringsdorf auf Usedom. Beeindruckend war der Controller, denn er koordinierte den ganzen an- und abfliegenden Verkehr in der Kontrollzone mit reichlich Flugbewegungen an einem solchen Sommertag, wobei er die Luftlage offensichtlich komplett im Kopf hatte und kassierte nebenbei noch die Landegebühr und erledigte zudem noch weitere administrative Aufgaben.
Heringsdorf wird von einigen Linienmaschinen z.B. aus Kassel, Frankfurt etc. angesteuert. Solange eine solche Maschine vor dem Terminal steht, ist dieser Bereich strenge Sperrzone. Sobald der Flieger den Platz verlassen hat, kann jeder dort wieder frei rumlaufen!
Ein Besuch im Flugzeugmuseum “Hangar 1” war aus zeitlichen Gründen leider nicht drin. Das muss ich also mal nachholen.
Auf dem Weiterflug nach und um Rügen flog ich weitgehend über Wasser, d.h. ich konnte von Seeseite auf die Kreidefelsen sehen und wäre gerne auch unterhalb der Mindestflughöhe von 2000 ft geflogen. Die Vogelschutzgebiete rund um Rügen lassen das aber nicht zu und man will die Aufzucht der Jungvögel ja auch garnicht stören. Entgegen meinen Erwartungen war auf dem Flugplatz EDCG auf Rügen nahe Samtens und Bergen kaum etwas los. Gastronomie gab´s nicht und die Touristen waren wohl eher am Strand.
Als letzten Platz für eine Stippvisite hatte ich EDBN/Neubrandenburg ausgewählt. Dort war der Flugleiter noch mehr von Einsamkeit bedroht. Ich hatte die 2 1/4 km lange Piste komplett für mich alleine. Der Platz war mit der Beschilderung und dem Abfertigungsgebäude fast schon wie ein Verkehrsflugplatz ausgebaut. Für den Abflug verzichtete ich darauf, ganz an den Anfang der Piste zu rollen und hatte bei Wind mit 10 kt auf der Bahn an deren Ende schon Platzrundenhöhe erreicht.
Nach Hause
Das Ende der Schönwetterperiode war am Montag schon wieder erreicht. Am frühen Nachmittag zog von Westen eine Regenfront mit Gewitterschauern durch, die ich vor dem Heimflug erst mal abwarten wollte.
Etwa um halb vier konnte ich dann los bei einer Hauptwolkenuntergrenze von ca. 1500 ft. Darunter war sehr klare Luft. In Richtung Westen stiegen die Wolken immer weiter an, so dass südlich Hamburg fast klarer Himmel war. Weil ich die Kontrollzone auf der Südseite eng umfliegen wollte, bin ich aber nur bis etwa 3500 ft gestiegen bis ich ab Gesthacht unter 2500 ft bleiben musste. Wegen des Gegenwindes aus Westen dauerte es nun mit 3 Stunden ½ Std länger als auf dem Hinflug bei fast gleicher Streckenführung.
Von Anklam nach Conne ist Sichtflug schön einfach. Wenn die Sichtweite einigermaßen gut ist, gibt es genügend sehr gute Landmarken, an denen man sich orientieren kann, wie z.B. Malchin mit den beiden Seen, dem Krakower See westlich der BAB A19, Schwerin an seinem See, Zarrentin am Schaalsee, diversen markanten Autobahnkreuzen und Bahnlinien südlich von Hamburg, die auch nahe der Kontrollzone gute Orientierung bieten. Ab dem BAB-Dreieck Nenndorf, wo die A1 und die A261 zusammenlaufen, kommt man mit Westkurs direkt nach Brake und dann nach Conne.
Die hie und da noch nachziehenden Regenschauer waren schon von weitem gut zu sehen und daher gut zu umfliegen. Selbst in den Schauern war auf ca. 1500 ft noch ganz gute Geradeaus- und Bodensicht für sicheres Fliegen. Andere Flieger erkennt man unter solchen Bedingungen natürlich erst später als bei klarer Luft.
Bei der Ankunft in Conne war für eine Montag richtig viel Betrieb und ich konnte eine schöne Abschlusslandung machen.
Noch ein Schlusssatz: Nach der Reise ist vor der Reise! 😊
Mehr Fotos gibt´s unter https://c.gmx.net/@907985279745266787/apzr_qunQ1er-INoqE9Vgw
Weitere Hinweise zu Flügen nach Polen gibt es u.a. unter:
http://www.eddh.de Im Suchfeld z.B „Polen“ eingeben